Der Harem

 

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Kein anderes Wort des arabischen Sprachgebrauchs weckt so viele Fantasien wie das Word Harem; es stammt vom arabischen Wort haram = verboten ab (im Sinn von verboten für andere). Wir denken sofort an die Märchen von 1001 Nacht, an schwülstige Bilder von Malern des 19. Jahrhunderts, die noch nicht einmal einen Harem von innen gesehen hatten und sich allein auf ihre Fantasie stützten. Aber das Leben im Harem war sicherlich ganz anders als wir es uns vorstellen.

Im Harem, dem abgeschlossenen Bereich des Hauses, lebten alle Frauen eines Haushalts, Ehefrauen sowie Verwandte, Dienstbotinnen und Sklavinnen. Den größten Harem besaßen natürlich die Herrscher, da hier eine sehr große Anzahl von Frauen lebten - was die westliche Fantasie doch sehr anregte. Schon unter den Abbasiden und Seldschuken lebten die Frauen in diesen abgeschlossenen Gemächern; am bekanntesten ist aber wohl der Harem der ottomanischen Sultane, der früher in einem alten Palast untergebracht war und der dann aus Platzgründen 1587 einen Anbau am Topkapi-Palast erhielt.

Im Harem der türkischen Sultane lebten zeitweise bis zu 800 Frauen. Vom Sultan wurden jedoch nur wenige für intime Beziehungen ausgewählt und noch weniger wurden zur Ehefrau erwählt. Auch die Frauen des Sultans unterstanden einer Rangordnung.

Als erstes kamen seine vier Frauen, die mit ihren Kindern in separaten Gemächern lebten.

Die nächste Stufe waren die Glückseligen und dann die Favoritinnen. Die Letzteren waren es, mit denen der Sultan intime Beziehungen hatte. Sie wurden entweder von ihm selbst oder aber auch von seiner Mutter ausgesucht. Auch der Wesir oder hohe Beamte konnten sie vermitteln oder gar schenken. Es wird geschätzt, dass ihre Anzahl zwischen 4 bis 10 lag. Wurde eine Frau Favoritin, so erhielt sie ein eigenes Zimmer und einige Dienerinnen. Sie wurde vor der Begegnung mit dem Sultan sorgfältig gewaschen und mit Düften eingerieben.

Gebar sie dann ein Kind, stieg sie zur Glückseligen auf, die auch in eine Rangordnung aufgeteilt waren. Wurde sie Mutter eines Sohnen, so konnte dieser - mit etwas Glück - sogar später Sultan und sie als Mutter Valide Sultan (Sultansmutter) und somit mächtigste Frau im Land werden.

Es war aber nicht so einfach, den eigenen Sohn dahin zu bringen, dass er später mal Sultan werden konnte. Viele Söhne unterschiedlicher Mütter standen zur Wahl und wurde einer tatsächlich Sultan, so verdankte er seiner Mutter meist sogar sein Leben, denn sie hatte es zu verhindern gewusst, dass er z. B. vorzeitig vergiftet wurde ( wie gesagt, die Konkurrenz war groß und es wurde mit allen Mitteln um die Macht gekämpft). So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Mütter immer der Hochachtung ihres Sohnes gewiss sein konnten und sie auch nicht selten in der Politik ein Mitspracherecht, wenn auch nur inoffiziell, hatten.

Oft begann die Karriere einer Konkubine als gekaufte oder geschenkte Sklavin, die der Sultan nicht heiraten musste. Die Versklavung von Gläubigen war jedoch untersagt und so suchten sich die Herrscher die schönsten Frauen aus, die aus nicht-muslimischen Ländern stammten. Sie wurden manchmal sogar wie Schmuckstücke gesammelt. Die Kinder dieser Ausländerinnen, meist Russinnen, Georgierinnen und Kaukasierinnen, waren keine Sklaven sondern freie osmanische Prinzen oder Prinzessinnen.

Die Valide Sultan, die Mutter des Sultans, wählte nach einem Beischlafterminplan die Frauen aus, die ihrem Sohn zugeführt werden sollten. Der Sultan trug nägelbeschlagene Schuhe, damit die Dienerinnen ihn hörten und sich diskret zurückziehen konnten, wenn er seine Liebste besuchen wollte.

Der Terminplan war aber auch zur Überwachung der Frauen da; bei einer Schwangerschaft konnte somit nachgeprüft werden, ob wirklich der Sultan der Vater des Kindes war. Heimliche Liebschaften waren dank Ränkelist nämlich durchaus üblich und möglich.

Eine Dienerin konnte den Harem nach ca. neun Jahren auch verlassen, um z. B. zu heiraten. Dieser Wunsch musste dem Sultan oder der Sultansmutter schriftlich mitgeteilt werden. Im Falle der Zustimmung erhielt sie dann auch eine Mitgift.

Andererseits stellte der Sultan auch den hohen Beamten seines Reiches Frauen aus seinem Harem zur Heirat zur Verfügung - dies konnten durchaus auch Frauen sein, an denen er selbst keinen Gefallen mehr fand.

Die Frauen, die im Harem arbeiteten, waren in eine Hierarchie eingeteilt:

  • die Laien, die noch lernen mussten,
  • dann die Sklavinnen und Dienerinnen, die einfachste Arbeiten verrichteten,
  • danach die Geselligen, die schon erfahren waren,
  • die Meisterinnen - sie waren erfahrene Sklavinnen und organisierten die Arbeiten -
  • und schließlich die Haremsvorsteherinnen.

Intrigen und Eifersüchteleien waren an der Tagesordnung, immerhin ging es um die Machtausübung und jedwede Gelegenheit wurde genutzt, um sich und die eigenen Söhne ins rechte Licht zu rücken. Langeweile und Einsamkeit waren für viele Bewohnerinnen stetige Begleiter.

Zwischen jeweils 10 Dienerinnen hatten je eine Meisterin oder eine Gesellin ihr Zimmer, um Streitigkeiten vorzubeugen. Es gab außerdem auch noch spezielle Meisterinnen: Meisterinnen der Gastronomie, Kaffeemeisterin, Gießkannenmeisterin, Vorratsmeisterin, Pflegemeisterin, Heizmeisterin, Krankenmeisterin sowie Säugemutter, Schatzmeisterin und Oberhaushälterin.

Das Dienstpersonal arbeitete ca. neun Jahre im Harem und bekam dann eine Freiheitsurkunde ausgestellt. Wurde diese von den Frauen zurückgegeben, bedeutete dies, dass sie im Harem verbleiben wollten.

Meist beinhaltete ein Großteil des Tagesablaufs die Schönheitspflege. Auch auf Kleidung und Schmuck wurde großer Wert gelegt - jede wollte die Schönste sein.

Bildung war für die Haremsbewohnerinnen sehr wichtig. Die Neuankömmlinge wurden in die Regeln des Palastes eingewiesen, sie wurden im Koran und den Pflichten des Islam unterrichtet (nicht alle kamen aus islamischen Ländern), in Handarbeiten sowie in der Kunst der Musik, des Tanzes und des Gesanges.

Das abgeschottete Leben der Haremsbewohnerinnen wurde unter Abdül Mecid (1839 - 1861) und seinem Nachfolger Abdül Aziz (1861 - 1876) etwas gelockert. Für priviligierte Frauen und Töchter westlicher Gesandter und Politiker öffneten sich die Türen ein wenig, sie wurden für einige Zeit in den Harem eingeladen. Seit ungefähr dieser Zeit hielt auch westliche Musik (Oper, Operette) und Ballett Einzug in die Sultanspaläste.

Nach Auskunft von Leyla Hanimefendi (im Weiteren mit L. H. abgekürzt) lernten während des 18. Jahrhunderts im Caragan Palace und dem Domabahce-Palast die Dienerinnen (kalfas) das Spielen von Musikinstrumenten. Sie wurden von den Eunuchen zu den Professoren, die alle Männer waren, geleitet. Ihre Köpfe waren von ca. zwei Metern Stoff bedeckt, entweder trugen sie den Yasmak oder einen Schleier, den sie im Haar befestigten, während zwei Enden über ihre Schultern hingen. Die westlichen Orchester und die Brass Band übten zweimal die Woche und das Orchester für Türkische Musik nur einmal.

Auch Tänzerinnen wurden hier unterrichtet, sie kamen nach Auskunft von L. H. sogar unverschleiert und hatten einen Extra-Raum zum Üben. Aber die Generalproben übten die Ballett-Tänzerinnen und das Orchester zusammen im großen Festsaal, in dem auch die Bankette stattfanden. Die westliche Musik wurde nach Noten gespielt, die türkische ohne - sie wurde per Hören weitergegeben.

Das Orchester, das für die Mutter von Abdul Mecid (1839 - 1961) spielte, bestand aus folgenden Instrumenten: Harfe, Ud, Kanun und zwei kleinen Handtrommeln, die von den Sängerinnen gespielt wurden, die vom Orchester begleitet wurden. Diese Sängerinnen unterhielten keinen Unterricht. L. H. schreibt: Ich kannte nur eine, die Sängerin Zeyneb, sie war aus Abessinien, mit einer sehr schönen Stimme, die Schülerin von Meistern wie Haci Faik und Haci Arik war und später auch vom königlichen Orchester akzeptiert wurde.

Für die Sicherheit des Harems waren die Eunuchen zuständig. Sie existierten in der Türkei erst ab dem Mittelalter, früher waren sie nur an den Höfen der Abbasiden und Mameluken üblich. Ihr Chef hatte den dritten Platz hinter dem Premierminister und dem großen Mufti inne. Auch Eunuchen unterstanden einer Rangordnung, die vom Novizen bis zum Chef-Eunuchen reichte. Zu Beginn waren es meist weiße Eunuchen, da sie aber schnell kränklich waren und den Eingriff oft nur schwer überwinden konnten, ging man dazu über, schwarze Eunuchen einzusetzen, die von besserer Konstitution und zudem auch billiger waren.

Kemal Atatürk bereitete dem Harem und der Verschleierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Ende.

Text mit freundlicher Genehmigung von Nabila Shams El Din (copyright).

Der Harem im alten Ägypten

Zu einem großen Herrscher gehörte natürlich auch ein Harem mit vielen Frauen. Und er hatte nicht nur einen Harem, sondern gleich mehrere entlang des Nils, damit der Herrscher auch auf Reisen immer eine Frau hatte.

Eventuell waren einige Harems auch Wohnsitze für Frauen, die entweder zu alt oder verstoßen waren. Ein Harem bestand aus einer Menge Frauen, Kindern, Tanten oder anderen weiblichen Verwandten. In den Harems Amenophis III. tummelten sich vermutlich bis zu 1000 Frauen, die alle vom Vorsteher des königlichen Harems geleitet wurden.

Es war eine große Ehre, eine Haremsfrau zu sein und im Gegensatz zu anderen Ländern hatte sie sogar Rechte und Pflichten. In Ägypten besaßen sie eigene Ländereien, hatten ihr eigenes Einkommen oder waren selbständig in Textilunternehmen tätig.

Die Kinder der Nebenfrauen hatten wenig Bedeutung. Noch nicht einmal ihre Namen wurden für die Ewigkeit festgehalten. Manche Kinder hatten aber auch Glück, denn wenn kein legitimer Nachfolger vorhanden war, wurde das Kind schnell zum Erbprinzen und die Mutter zur Königsmutter. Dies war aber eher seltener der Fall.

Im Harem waren auch ausländische Frauen. Sie wurden als Tribut oder Kriegsbeute nach Ägypten geschleppt. Manchmal waren sie auch Töchter und Schwestern von Fürsten und Kleinkönigen aus den Nachbarländern, die sie nach Ägypten schicken mussten. Natürlich waren sie gleichzeitig auch Geiseln, damit der König aus dem Nachbarland nicht auf dumme Gedanken kam.

Manche Töchter und Schwestern kamen aus hochrangigen Königreichen und durften den Pharao mit Bruder anreden. Natürlich kamen die ausländischen Prinzessinnen nicht mit einem kleinen Köfferchen. Als Amenophis III. die mitannische Prinzessin Giluchepa empfing, hatte sie ganze 317 Frauen im Schlepptau. Natürlich war auch eine Mitgift Pflicht. Die Mitgift einer weiteren mitannischen Prinzessin mit Namen Taduchepa war ein Wagen, vier feurige Pferde, eine riesige Menge an Haushaltsartikeln, persönliche Dingen wie Kleider, Schmuck, eine goldene Brotschaufel und ein mit Lapislazuli eingelegter Fliegenwedel. Trotz diesem ganzen Pomp spielten ausländische Prinzessinnen eher eine untergeordnete Rolle. Dass eine ägyptische Prinzessin in einen ausländischen Harem geschickt wurde, ist übrigens nicht bekannt.

Ein Harem für den Mann ?

Ob sich die Männer des einfachen Volkes auch mehrere Ehefrauen nehmen durften, steht nicht gesichert fest, ist aber eher unwahrscheinlich. Darstellungen eines Mannes mit zwei Ehefrauen können auch darauf hindeuten, dass sich der Mann nach dem Tod seiner Ehefrau neu verheiratet hatte. Im Jenseits wollte er mit beiden Frauen zusammen sein, weswegen er beide hat darstellen lassen. Gesetzlich war die Polygamie zumindest nicht verboten. Vermutlich schreckte den Mann nicht die finanzielle Seite während der Ehe sondern im Falle einer Scheidung. Denn wenn sich zwei Frauen von ihm scheiden ließen, sähe es schlecht aus mit seinen Finanzen. Bei den Bessergestellten sah dies natürlich anders aus. Sie konnten es sich leisten, einen kleinen Harem oder zumindest eine Konkubine zu haben. Dies schmälerte natürlich nicht die Rechte der Hauptfrau. Es gibt Fälle, da war es sogar der eigene Wunsch der Frau, dass sich der Mann eine Zweitfrau nahm. So z. B. bei Kinderlosigkeit. Kinder waren die finanzielle Stützte im Alter und sorgten vor allem dafür, dass die Eltern eine ordentliche Bestattung bekamen und der Totenkult gepflegt wurde.

Beide Texte von Carina Felskein